Experimente mit frühmittelalterlichen Backöfen
Dieser Artikel beschreibt Backexperimente mit einem "frühmittelalterlichen" Ofen im Zentrum für die Archäologie des Emslandes, Meppen, am 27. und 28.7.02, und vergleicht diese mit früheren Experimenten mit einem Ofen im angelsächsischen Dorf West Stow, Suffolk, UK. Der Ofen in West Stow wurde von Mitgliedern des Living-History-Vereins Angelcynn gebaut. Sein Vorbild war die genaue Form und Größe eines Ofens aus dem 7. Jh., der an dieser Stelle bei archäologischen Ausgrabungen gefunden worden war. Die Höhe des originalen Ofens ist unbekannt. Die Rekonstruktion wurde von Mitgliedern der Gruppe ausgeführt, die bereits Erfahrung in der Rekonstruktion frühmittelalterlicher Öfen haben. Die Basis des Ofens bestand aus einer Lage Flintstein, bedeckt von einer Mischung aus Stroh, Sand und Lehm. Die Wände waren aus einem Korbgeflecht von jungen, grünen Weidenschößlingen konstruiert, das von innen und außen mit einer dicken Schicht der Lehmmischung bedeckt wurde. Der Ofen war recht klein, hatte ein Rauchloch an der Rückseite und einen niedrigen Eingangstunnel vorne. Nach dem Errichten ließ man den Ofen langsam trocknen, dann wurde er befeuert, indem man ein Feuer am Eingang des Ofens entzündete und es langsam nach innen bewegte, was mehrere Stunden in Anspruch nahm.
Frühmittelalterliche Öfen arbeiten mit dem Prinzip der Resthitze. Ein Holzfeuer wird im Ofen angezündet (beim West Stowe Ofen im Tunnel) und während einer Zeitspanne von ein bis zwei Stunden in die Mitte des Ofens geschoben, abhängig von der Ofengröße. Das Feuer wird geschürt, bis der Ofen heiß genug ist zum Backen. Wie heiß ist das? Eine gute Frage. Generell wird der Ofen beheizt, bis die Wände zu heiß sind zum Anfassen und die Abluft aus dem Kamin ein Büschel trockenes Gras schnell bräunt, aber nicht anbrennt. Ein Problem beim Meppener Ofen: das Fehlen des Eingangstunnels bewirkte, daß heiße Luft aus dem Eingang schlug und der armen Seele, die das Feuer unterhielt (in diesem Fall mir) die Haare, Augenbrauen und Wimpern ansengte. Die Lösung hierfür war ein um den Kopf geschlungenes nasses Handtuch.
Sobald die gewünschte Temperatur erreicht ist, wird das Feuer herausgekratzt und gelöscht und das Brot hineingeschoben. Die Tür wird vor den Eingang gesetzt und das Brot backen gelassen. Die Meppener Ofentür bestand aus mehreren geraden Holzbrettern, mit Querlatten zusammengehalten und auf die Form der Öffnung zurechtgesägt. Die West Stower Ofentür ist ein ca. 10 cm dickes Stück Eichenholz. Um das Brot einzuschießen, wird ein paddelförmiger Brotschieber benutzt. Es ist eine gute Idee, eine Person den Ofen auskratzen und dann das Brot einschieben zu lassen, während eine andere das Feuer löscht. Beim Versuch, beides zu tun, verliert man unnötig Ofenhitze und es wird nicht richtig funktionieren. Wenn man nicht so viel Erfahrung beim Backen mit dem Ofen hat, ist es vielleicht eine gute Idee, den Ofen zu überhitzen, um einen Hitzeverlust in dieser Phase auszugleichen.
Der Ofen war immer noch heiß genug für weiteres Backen. Schnell bereiteten wir kleine Fladen aus Weizenmehl, Feta-Käse und Ei (sie müssen nicht gehen) und schoben sie ein. Dieses römische Opferbrot brauchte etwa eine Stunde - wir hatten den Eindruck, daß der Ofen wieder sehr schnell an Hitze verloren hatte, als wir die ersten Brötchen herausholten - aber auch dieser zweite Schwung war immer noch perfekt gar und schmeckte lecker.
Am Ende unseres Wochenendes in Meppen zeigten sich recht große Risse in der Ofenwand. Das mag daran liegen, daß wir den Ofen richtig mit einem kleinen Feuer über längere Zeit hätten austrocknen sollen, anstatt gleich darin zu backen. Die Zeitbeschränkung verhinderte dies jedoch.
Zur Konstruktion des Meppener Ofens erhielten wir kürzlich neuere Informationen von Frau Surberg-Röhr, M.A., die bei der ersten Fassung des Artikels nicht mehr berücksichtig werden konnten: Wir haben in einer Ausgrabung (kaiserzeitliche Siedlung. 4. Jh. n. Chr.) vor rd. 5 Jahren Reste eines Lehmkuppelofens gefunden. Natürlich war dieser Ofen zusammengebrochen und somit können wir keine genauen Angaben über Höhe und Größe machen. Zumindest aber wissen wir, daß auf einem Weidengerüst ein Lehm-Kuhmist-Stroh-Gemisch aufgetragen war und auch die Dicke des Auftrags konnten wir ungefähr ermitteln. Aufgrund der Menge der Lehmreste und des Durchmessers der Fundgrube können wir annehmen, daß dieser Ofen in etwa die Größe - zumindest vom Umfang - hatte, wie der im Garten des Ausstellungszentrums nachgebaute Backofen. Die Grube mit den Ofenresten lag übrigens in unmittelbarer Nähe eines sehr großen Wohnhauses (Modell steht in unserem Museum). Für die Rekonstruktion des Ofens am Museum haben wir die Erkenntnisse der experimentellen Archäologie zu Hilfe genommen und uns auch mit den Kollegen im Museum Oldenburg ausgetauscht, die schon mehrere Öfen nachgebaut haben. Das Weidengeflecht ist wohl auch immer nur als provisorisches Gerüst untergebaut worden, um der Lehmpackung bis zur Trockung Halt zu geben. Die Öfen waren wohl von innen nicht mit Lehm verschmiert und beim ersten Anfeuern ist dann das Wiedengeflecht verbrannt. Problematisch ist immer die Frage nach der Größe der Öffnung (mit oder ohne Tunnel). Da hilft nur weiteres experimentieren. Gleiches gilt für den Rauchabzug. zurück
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